"Über die Liebe", José Ortega y Gasset // About Love // Estudios sobre el Amor - in German
"In der Wahl der Geliebten enthüllt der Mann, in der Wahl des Geliebten die Frau ihren wesentlichen Seelengrund. Der Menschentypus, den wir in dem wir in den anderen Wesen bevorzugen, kennzeichnet die Beschaffenheit unseres eigenen Herzens. Die Liebe ist eine Flutwelle, de aus den unteren Schichten unserer Person aufwählt und, wenn sie an der sichtbare Oberfläche des Lebens gelangt, Algen und Muscheln der Tiefe heraufspült". ......................................................
" Denn wir besitzen wohl Vernunft und Freiheit; aber die beide Vermögen bilden nur eine dünne Haut über dem Volum unseres Wesens, dessen Inneres weder vernünftig noch frei ist.
............In Wahrheit bewegt uns, abgesehen von jenem oberflächlichen Eingreifen unseres Willens, ein irrationales Leben, dass in unser Bewusstsein mündet und der verborgenen Höhle, dem unsichtbaren Gründe, entstammt, der wir eigentlich sind".
" Wenn es eine Torheit ist, zu sagen, die wahre Liebe zwischen Mann und Frau enthält nichts Sexuelles, so ist es genau so töricht, wenn mann meint, die Liebe sei Sexualität. Aus der Menge der Züge welche beide unterscheiden, nennen wir einen fundamentalen, dass nämlich der Instinkt dazu neigt, die Zahl der Gegenstände, die ihn befriedigen, unbegrenzt zu erweitern, während die Liebe auf Aussließlichkeit hält. ...........................................................
So ist die Liebe ihrem eigenen Wesen nach Wahl. Und da sie aus dem Kern der Person, aus der Seelentief aufsteigt, sind die Auswahlprinzipien, die über sie entscheiden, zugleich den innersten und geheimsten Wertungen, die unseren individuellen Charakter formen.
Ich sagte, dass die Liebe von Einzelheiten lebt und mikroskopisch vorgeht. Der Instinkt dagegen ist makroskopisch und wird von einem Gesamteindruck entflammt..............................
........ (Die Liebe ist eintönig, beharrlich, schwerfällig, nieman ertrüge, dass man ihn auch den geistvollsten Satz viele Male wieder holt, aber dass die Geliebte ihn liebe, möchte der Liebende wieder und immer wieder hören. Umgekehrt, wenn jemand nicht liebt, bringt ihn die Liebe, deren Gegenstand er ist, zur Verzweiflung durch ihre unerträgliche Monotonie.)....................
Liebe ist etwas Ernsteres und Bedeutungsvolleres als das Entzücken über die Linien eines Gesichts und die Farbe einer Wange; sie ist die Entscheidung für eine gewisse Ausprägung des Menschlichen, die sich symbolisch in den Einzelheiten des Gesichts, der Stimme, der Gebärde ankündigt. Liebe ist der Drang im Schönen zu zeugen: (........) - sagte Plato. Zeugen gleich Schöpfung der Zukunft; Schönheit gleich bestes Leben. Liebe schließt eine innere Verbundenheit mit einem gewissen Typus des menschlichen Lebens ein, der uns als der beste erscheint und den wir in einem anderen Wesen vorgebildet, angedeutet finden."
Quelle:
José Ortega y Gasset, München 1993: Über die Liebe, S.153, S.156, S.160, S. 161-63.
dtv Verlag.
Das spanische Original, "Estudios sobre el Amor" ist in Alianza Editorial.
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