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Saturday, February 21, 2009

SAAB Konkurs auf Raten // Die Zeit Online ( Wirtschaft)


REVIEW
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 SAAB KONKURS AUF RATEN

Der Autohersteller Saab hat Insolvenz beantragt, um einem Konkurs zu entgehen. Ohne staatliche Hilfe dürfte das Unternehmen nicht überleben, sagen Experten


Schon bald könnte der letzte Saab durch die Fertigungshallen von Trollhättan rollen. Der schwedische Autobauer liegt in den letzten Atemzügen, seit dessen Konzernmutter General Motors (GM) und die schwedische Regierung bereits am Mittwoch klarstellten, dass man kein weiteres Geld nachschießen werde.

© Sean Gallup/Getty Image
Nun zieht man bei Saab die Konsequenzen. Am Freitag meldete das Unternehmen beim Amtsgericht von Vänersborg bei Trollhättan befristete Insolvenz an, eine so genannte "Rekonstruktion". Das Verfahren ist in etwa mit der deutschen Insolvenz vergleichbar. Auch bei der Rekonstruktion werden Forderungen gestundet und Gläubiger zu einem Teilverzicht bewegt. Dem Unternehmen wird so eine Schonfrist zur Gesundung eingeräumt, statt es lediglich abzuwickeln.

Das Unternehmen muss dabei vor allem einen Kompromiss mit den Zulieferfirmen finden. Sie werden einen Teil ihrer Forderungen abschreiben müssen, um Saab am Leben zu halten. Das kann für diese sogar von Vorteil sein: Gesundet das Unternehmen wieder, bekommen sie ihre bereits erbrachten Leistungen zurück. Anders als bei einem Konkurs, bei dem sie leer ausgehen würden.

Konkret funktioniert das so: Forderungen aus der Zeit vor der Insolvenz werden eingefroren, Rechnungen, die während der Phase der Insolvenz eintreffen, werden hingegen beglichen. Dieses Detail mag auch der Grund sein, warum Saab nun so schnell handelt. Das Unternehmen fürchtete offenbar, dass die Firmen ihre Lieferungen stoppen. Bereits am Mittwoch hieß es, dass einige den Nachschub an Bauteilen wegen dem schwebenden Verfahren eingestellt hatten.

Laut den Unterlagen, die nun vor Gericht landen, verbuchte Saab im letzten Jahr einen Verlust von drei Milliarden Kronen, umgerechnet 271 Millionen Euro. In diesem Jahr soll er ähnlich hoch ausfallen. Saab begründet die Verluste mit einer weltweit eingebrochenen Nachfrage nach Autos, einem veralteten Produktportfolio, zu langen Entwicklungszeiten für neue Serien, dem zu schmalen Produktsortiment und zu großen Produktionskapazitäten. Im Werk Trollhättan liege die Auslastung bei weniger als 50 Prozent.

Doch wie soll die Sanierung gelingen? Bis zum Jahr 2011 will Saab neue Modelle entwerfen, die den Konzern wieder wettbewerbsfähig machen sollen. Das Unternehmen hofft in dieser Zeit weiterhin auf finanzielle Hilfe – entweder von General Motors oder vom schwedischen Staat. Glaubt man Experten, muss Saab gleichzeitig eine gewaltige Wende vollziehen. Die Krisenmanager werden das Personal deutlich reduzieren und Teile der Produktion ins Ausland verlagern müssen. Die Phase, in der sich das Unternehmen in der sogenannten Rekonstruktion befindet, könnte rund ein Jahr dauern. Danach müsste das Unternehmen wieder auf eigenen Beinen stehen.


Nach Ansicht von Fredrik Tengström, der als Rekonstruktionsexperte bei der Anwaltskanzlei Vinge arbeitet, ist die Überlebensquote von schwedischen Unternehmen bei Rekonstruktionsverfahren allerdings sehr gering. "Rund sieben von zehn schaffen es nicht", meint er. "Damit eine Rekonstruktion funktioniert, muss die Geschäftsidee gut sein und das Unternehmen muss eine ausreichende Anzahl von Auftragseingängen haben", sagte er. Hinzu komme eben die Frage, ob alte oder neue Eigentümer Kapital hinzugeben wollten.

Das alles ist aber im Falle von Saab äußerst fraglich. Autoexperten wie Christer Karlsson halten deshalb einen Konkurs für unausweichlich. Karlsson kann sich lediglich vorstellen, dass Saab-Modelle in weit geringerer Zahl in Deutschland bei Opel weiter produziert werden. "Um zu überleben muss sich Saab nach einem Konkurs mit einem bedeutend kleineren Produktionsvolumen bei einem anderen Produzenten integrieren", sagte er der schwedischen Zeitung Sydsvenskan.

Als letzter Ausweg gilt vielen der rettende Eingriff durch die Politik. Noch allerdings weigert sich die Regierung in Stockholm. Die urschwedische Saabfertigung bei Trollhättan gilt als essenziell für die Region und wichtig für das Selbstverständnis der kleinen schwedischen Volkswirtschaft. 15.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Aus diesen Gründen könnte die vage Förderung von Ersatzbranchen in der Region am Ende doch nicht die einzige Hilfe sein, welche die Regierung bereit sein wird zu zahlen, hoffen Optimisten. "Gerade wegen dem politischen Moment ist es unmöglich zu sagen, wie Saabs Überlebenschancen tatsächlich aussehen", sagt auch Tengström. Trotz heftigen Protesten von Gewerkschaften und sozialdemokratischer Opposition ist die Mehrheit der Schweden allerdings dagegen, Saab unter die Arme zu greifen.

Die im Vergleich zur Großen Koalition in Deutschland betont wirtschaftsliberale Vierparteienregierung hatte unter anderem mit dem Tenor "weniger Staat mehr Eigenverantwortung" die lange regierenden Sozialdemokraten 2006 abgelöst und hält nun buchstäblich daran fest. Wirtschaftsministerin Maud Olofsson gelang es, mit scharfen Worten dem US-Konzern GM den Schwarzen Peter zuzuschieben. GM wolle die Marke dem schwedischen Steuerzahler aufbürden. Das sei "entsetzlich", sagte sie. "Die Wähler haben mich gewählt, weil sie Vorschulerzieher, Polizisten und Krankenschwestern haben wollen, nicht um Autofabriken zu kaufen", so die Ministerin weiter. Es sei naiv, anzunehmen, dass der kleine schwedische Staat Saab retten könne, wenn der weltgrößte Autokonzern dies innerhalb von 20 Jahren nicht vermochte.

Mit Neid schaut die Saab-Belegschaft auf Deutschland, wo staatliches Geld den Autobauer Opel retten soll. Allerdings räumen auch schwedische Branchenexperten ein, dass die Fälle nicht vergleichbar seien. Opel gehe es wirtschaftlich deutlich besser als Saab. Zudem hätten die deutschen Bundesländer durch ihr Vorpreschen die Bundespolitik zu Hilfen gedrängt. Im zentralistisch regierten Schweden haben Regionalpolitiker aber bei Weitem nicht die Macht wie im föderal organisierten Deutschland.



Von André Anwar, Stockholm | © ZEIT ONLINE 20.2.2009 - 19:04 Uhr
http://www.zeit.de/online/2009/09/saab-insolvenz-krise

FOTO: © Sean Gallup/Getty Images

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